Theo Wehner über Stress und Sinn in der Arbeit

Laut Professor Theo Wehner sehen viele Menschen keinen Sinn in der Arbeit. Und er führt in einem Interview mit Mathias Morgenthaler aus, wie wir Stress und Sinnlosigkeit entkommen können.

Dieser Artikel ist erstmals am 25. Juni 2013 erschienen.

Theo Wehner, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich, spricht in einem Interview mit Mathias Morgenthaler über zunehmenden Stress und Erschöpfung bei der Arbeit.

Viele Menschen sehen keinen Sinn in dem, was sie machen. Der Mensch als soziales Wesen brauche es allerdings, das Resultat seines Tuns zu sehen und für schön und sinnvoll zu halten. Wir wollen etwas Greifbares bewirken können, seien das nun Produkte oder auch Dienstleistungen.

Rationalisierung der Arbeitswelt führt zu fehlendem Sinn in der Arbeit

Die Arbeitswelt heute ist von Rationalisierung geprägt: Die Arbeit wird in immer kleinere Schritte zerlegt, die immer schneller ausgeführt werden sollen. Der Einzelne hat keinen Überblick über das Ganze mehr und weiß nicht, was er selbst eigentlich dazu beiträgt. Darin wird kein Sinn gefunden.

Das wirkt sich auf die Motivation aus. Es wird versucht, über äußere Anreize wie Boni und Status zu motivieren, was letztlich zu Konkurrenz unter den Arbeitnehmern und hierarchischen Machtgefällen führt.

Menschen sehnen sich nach sinnvoller Arbeit

Theo Wehner zitiert den „Global Workforce Index“, in welchem Menschen zu einem Gedankenexperiment eingeladen wurden. Zwischen 55 und 70 Prozent sagten, sie würden auf Lohn oder Status verzichten zugunsten einer sinnvolleren Arbeit. Diese Befragung wurde auch in Europa durchgeführt.

Was kann der Einzelne tun, um Stress und Sinnlosigkeit in der Arbeit zu entkommen?

Theo Wehner betont folgende Punkte:

  • Anspruchsvoll sein,

  • sich fragen: „Welche beruflichen Ziele möchte ich erreichen?“, „Was entspricht mir wirklich?“ und „Wie kann ich dahin kommen?“,

  • diesen Fragen liegen tiefere zugrunde: „Was ist meine wahre Bestimmung?“ und „Was möchte ich durch meine Arbeit bewegen?“,

  • sich nicht mit einer Notlösung zufrieden geben und äußere Zwänge (Familie, Hypothek) vorschieben,

  • das heißt, die Gestaltungsmöglichkeiten erkennen und wahrnehmen anstatt zu resignieren,

  • das verlangt Mut und Beweglichkeit.

Theo Wehner rät dazu, auch die Freizeit in diese Gestaltung miteinbeziehen. Job und Freizeit strikt zu trennen, um einen sinnentleerten und stressigen Job in der Freizeit zu kompensieren, sei heute nicht mehr möglich: Aufgrund der Rationalisierung ist der Druck enorm gestiegen, die gleiche Anzahl an Mitarbeitern muss heute das doppelte Arbeitspensum leisten wie noch vor 30 Jahren. Zudem wird heute der Anspruch an uns gestellt, „dank“ moderner Informationstechnologie ständig erreichbar zu sein.

In der Initiative „Bedingungsloses Grundeinkommen“ (BGE) sieht Theo Wehner die Gelegenheit, dass wir uns grundlegend mit der heutigen Arbeitswelt auseinandersetzen. Beim BGE würden Einkommen und Arbeit entkoppelt, alle würden vom Staat einen Sockelbeitrag bekommen, der die Grundbedürfnisse deckt. Welche Ansätze dienen unserer Gesellschaft? Das gilt es auszuloten.

Links:

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