Theory U von Otto Scharmer

TEASER:

Dieser Artikel ist erstmals am 24. September 2013 erschienen.

Im Jahr 2009 las ich „Theorie U“ von Otto Scharmer und rezensierte es auch im Mai 2010 auf meinem damaligen Blog. Darin geht es um die Fragen:

Wie können wir Veränderung ermöglichen und unsere Zukunft gestalten?

Wie kommt Neues in die Welt?

Scharmer sieht den Ausgangspunkt darin, dass wir uns mit „dem eigentlichen Grundproblem“ konfrontieren: uns selbst.

Ziel des sogenannten U-Prozesses ist es, die höchste Zukunftsmöglichkeit wahrzunehmen und aus dieser zu handeln. Wie gelingt uns das? Voraussetzung dafür ist, dass wir bei der Qualität unserer Aufmerksamkeit ansetzen.

Mit dem U-Prozess mit unserer Quelle verbinden

Am tiefsten Punkt des U befinden wir uns an unserer Quelle. Dort geht uns um Fragen wie: „Wer bin ich? Was ist meine Aufgabe?“ Das sind Fragen, die die eigene Berufung betreffen.

Mit der Quelle können wir uns mithilfe von Praktiken der Stille verbinden. An diesem tieferen Ort kann das Alte losgelassen werden und Neues entstehen.

Es begegnen sich dort zwei „Selbste“: Die Person, die ich aufgrund meines Lebenswegs geworden bin, und meine höchste zukünftige Möglichkeit.

Was geht zu Ende, was möchte neu entstehen?

Die U-Theorie hat mich seitdem nicht losgelassen. Sie fließt auch ein in Berufungscoaching WaVe®, das ein wesentliches Element für meine Coachingarbeit ist.

Im Frühling 2011 besuchte ich das Seminar „Presencing. Von der Zukunft her führen“ bei Otto Scharmer in Wien. In einer eindrücklichen Paarübung befassten wir uns damit, was in unserem Leben zu Ende geht und was neu entstehen möchte.

Die drei fundamentalen Krisen unserer Zeit

Am gleichen Tag gab Scharmer am Abend im Wiener Radiokulturhaus ein Interview im Rahmen der Radioreihe „Im Gespräch“. Er sprach über drei fundamentale Krisen unserer Zeit.

Käme jemand von einem fremden Planeten auf unsere Erde und beobachtete, was hier so läuft, würde er drei Krisen wahrnehmen:

  1. Die Beziehung des Menschen zur Natur

  2. Die Beziehung des Menschen zu anderen Menschen

  3. Die Beziehung des Menschen zu sich selbst

Scharmer stellt Zusammenhänge her, und das spricht mich sehr an. Alle drei Krisen hängen zusammen. Nachdem sie lange Zeit isoliert betrachtet wurden, ist nun die Zeit gekommen, sie nicht mehr voneinander zu trennen.

Bei der Beziehung des Menschen zu sich selbst setzt jede tiefgehende Veränderung an

Wie Scharmer in dem Gespräch betonte, ist die dritte Krise, die Beziehung des Menschen zu sich selbst, diejenige, die am wenigsten Beachtung findet. Und doch setzt hier für ihn jede tiefgehende und nachhaltige Veränderung an. Das Selbst wird zum wichtigsten Führungswerkzeug.

Dabei ist für Scharmer Führungskraft jede Person, die sich für die Gestaltung der Zukunft einsetzt, unhabhängig von ihrer formalen Position in insititutionellen Strukturen.

From Ego-System to Eco-System Economies

Nun hat Otto Scharmer, gemeinsam mit Katrin Kaufer, ein neues Buch veröffentlicht: „Leading From The Emerging Future. From Ego-System to Eco-System Economies“. Hier führen die Autoren die Zusammenhänge der drei obengenannten Beziehungen näher aus.

Wir befinden uns an einem Wendepunkt, wir bringen kollektiv Ergebnisse hervor, die niemand will: Wasserknappheit, Klimachaos, Massenarmut, Finanzkrise.

Das Buch behandelt die Frage, wir wir von einem Bewusstsein, das sich hauptsächlich um das eigene Ego dreht und nicht über den eigenen Tellerrand hinausschaut, zu einem Bewusstsein kommen können, dem es um das Wohlergehen aller geht, einschließlich des eigenen.

Jeder Beitrag zählt

Was mir gefällt ist, dass die Autoren betonen: Es geht nicht um ein „Wir sind die Guten oder die Opfer“, dort sind die „Bösen, die Schuldigen“. Wir alle sind gemeint, wir alle bringen die Systeme hervor, in denen wir uns befinden und die nun an ihre Grenzen geraten. Jeder einzelne trägt Verantwortung. Das heißt auch, jeder Beitrag zählt, auch wenn wir ihn selbst für so klein halten, dass er doch „gar nichts bringt“.

Link:

Otto Scharmer: Theorie U – Von der Zukunft her führen. Presencing als soziale Technik. 5. völlig neu überarb. u. erw. Auflage. Carl-Auer 2020

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