Otto Scharmer und Katrin Käufer: Von der Zukunft her führen (Rezension)

Im Buch “Theorie U. Von der Zukunft her führen” von Otto Scharmer und Katrin Käufer geht es um Arbeit, Berufung, Führung und das größere Ganze. Sie bringen Beispiele und geben mit der U-Theorie konkrete Tools, wie wir eine lebenswerte Zukunft mit einer Ökonomie zum Wohl aller gestalten können. Was es braucht, ist ein Ökosystem-Bewusstsein – und ein Handeln aus diesem heraus.

Dieser Artikel ist erstmals am 05. Januar 2015 erschienen.

Bereits 2010, beim Lesen von Otto Scharmers „Theorie U. Von der Zukunft her führen“, spürte ich: Das hat etwas mit mir zu tun, das geht mich etwas an, das spricht zu einem Platz tief in mir.

2014 ist ein weiteres Buch von Otto Scharmer auf Deutsch herausgekommen, er hat es gemeinsam mit Katrin Käufer geschrieben: „Von der Zukunft her führen. Von der Egosystem- zur Ökosystem-Wirtschaft. Theorie U in der Praxis.“

Wieder weiß ich zutiefst: Ich bin angesprochen, ich bin gemeint. Und ich frage mich: Wie ist meine Antwort?

Arbeit, Berufung und das größere Ganze – gemeinsame Führung für die Zukunft

In dem Buch geht es um die zwei Kernfragen, die sich heute jedem stellen:

  • "Wer bin ich?" und

  • "Was ist meine Aufgabe?"

  • und deren Verbindung mit einem größeren Bezugsrahmen: Wie gestalten wir gemeinsam eine Zukunft, die das Wohl aller und unseres Planeten wertschätzt und nicht bloß das Wohl einiger weniger?

Arbeitslosigkeit, Depression und Burnout als Symptome

Hohe Arbeitslosigkeit, Depressionen und Burnouts: Die Autoren sehen das als Symptome, die wie die Spitze eines Eisbergs herausragen. Darunter verborgen liegen Ursachen, die mit den Systemen, die wir geschaffen haben, zu tun haben, welche nicht mehr funktionieren.

So antwortet z.B. unser Bildungssystem nicht mehr passend auf die Bedürfnisse der Beteiligten und der heutigen Situation mit ihren Herausforderungen. Meist geht es immer noch um den Lehrer, der in der Vergangenheit festgelegtes Wissen vermitteln und abprüfen soll. Der Fokus liegt auf Standards und Ergebnissen.

Was es hingegen bräuchte, ist die Ausrichtung auf das Erschließen unserer tiefsten Fähigkeiten zum schöpferischen Gestalten. Auch wenn es um unsere berufliche Tätigkeit geht. Selbstbestimmung und kreativer Ausdruck werden nur wenig gefördert, unternehmerisches Handeln wird nur wenigen zugetraut.

Das Eisbergmodell: Die Systeme und die Krisen hängen zusammen

Doch Bildungssystem und Arbeit sind nur zwei Bereiche, welche die Autoren untersuchen. Was mir besonders gefällt, ist, dass Otto Scharmer und Katrin Käufer mit ihrem „Eisbergmodell“ die verschiedenen Systeme, die in die Krise geraten sind, nicht isoliert betrachten.

Sie zeigen, dass die drei Abgründe, vor denen wir stehen, zusammengehören:

  1. Der ökologische Abgrund,

  2. der soziale Abgrund und

  3. spirituell-kulturelle Abgrund.

Vom Egosystem-Bewusstsein zum Ökosystem-Bewusstein

Was eint die erwähnten Abgründe? Unser Denken und unsere damit zusammenhängenden Handlungen. Die Autoren bezeichnen die Haltung, die nun an ihr Ende gelangt, als Egosystem-Bewusstsein: größer ist besser, maximaler materieller Konsum und Ausrichtung auf das eigene Interesse.

Als notwendig erachten sie den Wandel zu einem Ökosystem-Bewusstsein, das sich am Wohl des Ganzen orientiert.

Bewusstsein nicht länger von der Materie trennen

Scharmer und Käufer schreiben, dass es heute entscheidend ist, Bewusstsein nicht länger von der Materie zu trennen, wie es im Egosystem-Bewusstsein geschieht: Hier der Mensch mit seinem Geist, dort die unbelebte Natur, die ausgebeutet werden kann; hier der Chef an der Spitze der hierarchischen Unternehmenspyramide, der lenkt und führt, dort die Mitarbeiter, welche die praktische Arbeit verrichten und Befehle ausführen, aber möglichst nicht zu viel kreativ denken und Sachen grundlegend verändern sollen.

Handeln und Bewusstsein wieder zusammenbringen

Es gilt, Handeln und Bewusstsein wieder zusammenzuführen. Dafür bieten Otto Scharmer und Katrin Käufer mit der U-Theorie und den Beispielen im Buch konkrete Ansatzpunkte.

Es geht dabei um die Frage: Wie kommen wir mit den tiefen Quellen unserer Menschlichkeit – unserem Selbst – in Verbindung und handeln von diesem Ort aus?

Dazu sind Techniken notwendig, um uns diesen Zugang zu ermöglichen und konsequent zu üben. Und wir brauchen Räume, die uns ermöglichen, einander tief zuzuhören.

Theorie U, Presencing

Wer sich noch nicht mit der Theorie U und dem Presencing auseinandergesetzt hat, findet in der Einleitung eine kompakte Zusammenfassung.

Auf der Website der U-School (vormals: Presencing Institute) finden sich die Presencing-Tools frei zugänglich. Das finde ich ein schönes Beispiel für die Haltung, dass Werkzeuge, die der sozialen Innovation und damit dem Wohl aller dienen, mittels einer Creative Commons Lizenz allen zugute kommen.

Fazit

Ein Buch für alle, die die Welt, so wie sie sich uns heute zeigt, besser verstehen wollen, und die spüren, dass sie sich auf den Weg zu sich selbst machen und dabei gleichzeitig zur positiven Veränderung beitragen wollen.

Für mich ein Schlüsselbuch.

Angaben zum Buch

C. Otto Scharmer und Katrin Käufer: Von der Zukunft her führen. Von der Egosystem- zur Ökosystem-Wirtschaft. Theorie U in der Praxis.

Link

U-School (vormals: Presencing Institute)

Zurück
Zurück

Warum ich hauptsächlich mit Frauen arbeite

Weiter
Weiter

Katarzyna Mol: Mit dem Herz in der Hand (Rezension)