3 Wege, wie du Selbstzweifel verstärkst – und wie es auch anders geht

Zweifel an sich selbst und dem eingeschlagenen Weg tauchen häufig auf, wenn wir uns neu orientieren. Es fühlt sich unsicher an, mühsam, so richtig knorzig. Wie du das noch verstärkst und wie es auch anders geht, darüber schreibe ich in dem Artikel.

Dieser Artikel ist erstmals am 20. Februar 2016 erschienen, hier liest du die aktualisierte Fassung.

Birgit Feldhusen spricht im Podcast-Interview mit mir über Zweifel, die auf ihrem Berufungs-Weg immer wieder aufgetaucht sind. Ich bin dankbar für ihre Offenheit. Das geht nämlich meiner Erfahrung nach vielen so, aber nur wenige reden darüber.

Meist fühlen wir uns gleichzeitig auch unter enormem Druck: Soll ich nicht doch etwas ganz anderes machen (z.B. einen „sicheren Job“ annehmen), bin ich überhaupt gut genug, müsste die Veränderung nicht eigentlich viel schneller gehen? Entscheidungen zu treffen ist dann schwer möglich.

Einserseits ist es ganz normal, dass wir an uns selbst oder der Situation zweifeln und Druck verspüren, wenn wir uns auf unseren Weg machen. Denn das bedeutet immer ein Risiko. Andererseits ist das etwas, was nicht einfach so passiert. Wir tragen unseren Anteil dazu bei.

Im Coaching gibt es eine Intervention, die zunächst kontraproduktiv erscheint, jedoch sehr hilfreich ist: Die Frage danach, wie man etwas, das einem nicht gut tut oder nicht zum erwünschten Ziel führt, noch verstärken kann. Dann findet man heraus, welche Selbststrategien und Muster dem zugrunde liegen. Und hat die Möglichkeit, sie zu verändern.

Zweifel verstärken: ein Experiment

Ich lade dich zu folgendem Experiment ein: Wie kannst du deine Zweifel noch verstärken und dich noch mehr unter Druck setzen? Ich zeige dir drei Wege (es gibt natürlich noch viele andere).

Allen dreien ist gemeinsam: Wenn du dich in einer herausfordernden Lebensphase befindest, wo sich alles so richtig mühsam anfühlt und nichts gelingen will, es so richtig knorzt, dann setz noch eins drauf, indem du dir Botschaften vermittelst, durch die dich so richtig niedergeschmettert und blockiert fühlst:

Beschuldige dich selbst

„Das ist ja wieder mal typisch, du schaffst nie, was du dir vorgenommen hast“, „Du bist einfach unfähig, andere ziehen ihr Ding einfach durch“, „Nie bleibst du dir selbst treu, immer verbiegst du dich“. Das nur so als Vorschläge. Klappt garantiert!

Beschuldige andere

„Ist ja klar, dass ich es mit dem Chef nicht hinkriege, mich weiterzuentwickeln. Er sieht ja überhaupt nicht mein Potenzial“, „Es fehlt mir einfach die Wertschätzung von meinem Partner, er unterstützt mich nicht in meiner Entwicklung“, „Bei meinen Eltern habe ich einfach nie gelernt, an Zielen konsequent dran zu bleiben, wie soll ich das jetzt können?“ Auch das ist höchst effektiv.

Beschuldige die Welt

„Der heutige Arbeitsmarkt lässt nicht zu, das zu tun, was einem wirklich wichtig ist. Man muss froh sein, überhaupt einen Job zu haben“, „Über 45 habe ich doch überhaupt keine Chance mehr“, „Kreativität zählt nicht in unserer Welt. Was soll ich da mit meiner Leidenschaft Schreiben schon anfangen?“. Klingt auch gut, oder?

Du wirst meine Ironie herausgehört haben. Alle drei Formen der Beschuldigung sind in der Weise zielführend, dass sie verhindern, dich und deine Situation zu wandeln. Du bleibst bei dem, was ist. Aber mit dem bist du ja unzufrieden. Nicht optimal.

Und doch: Das sind alles Strategien, denen Intelligenz zugrunde liegt. Wir alle kennen sie, vermute ich einmal. Du reagierst so, weil es dir in der Vergangenheit genutzt hat. Es hat dich zum Beispiel davor geschützt, riskante Schritte zu unternehmen und dich zu verletzen.

Empfindest du es allerdings jetzt als hilfreich? Bringt es dich weiter?

Wenn du herausgefunden hast, dass obige Strategien nicht mehr passend für dich sind, dann stelle ich dir eine Alternative vor:

Was wäre, wenn du dich selbst und deine Situation annehmen würdest?

Ich höre deinen Aufschrei: „Was, ich soll annehmen, dass ich nicht weiterkomme, mir immer wieder im Weg stehe, mich mies fühle?“.

Mit Annehmen meine ich nicht, dass du dein Verhalten und die Situation mögen musst. Akzeptieren was ist, bedeutet vielmehr, nicht dagegen anzukämpfen.

Vom Beschuldigen zum Annehmen

Probiere es aus, experimentiere damit und schau, was es mit dir macht. Ist es dienlicher für dich als bisherige Verhaltensweisen?

  • Halte inne und bring eine Pause hinein, bevor du automatisch mit einer gewohnten Verhaltensweise reagierst

  • Spüre den Boden unter den Füßen, buchstäblich. Das verleiht dir Halt und Stabilität.

  • Wende dich nach Innen. Nimm wahr, wie sich Druck und Zweifel jetzt in diesem Moment gerade zeigen. Höre dir zu. Lass dir Zeit.

  • Es öffnet sich ein Raum, wo Neues entstehen kann. Das zeigt sich entweder sehr subtil (z.B. ein tiefer Atemzug löst eine Spannung im Körper) oder auch in einem konkreten nächsten Schritt, der sich für dich zeigt.

Mit all dem zu sein, was sich zeigt, ist nicht einfach. Es handelt sich dabei um eine ganz neue Form der Kommunikation mit sich selbst, die wohl die Wenigsten von ihren Eltern und in der Schule gelernt haben. Aber du kannst es üben.

Hast du es ausprobiert? Wie geht es dir mit dem Annehmen? Schreib gerne etwas von deinen Erfahrungen in den Kommentar.

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Führung ist Selbstführung. Ein Gespräch mit Claude Heini - #002 (Podcast)

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