Anleitung zum Unter-Druck-Sein

Ganz im Sinne der paradoxen "Anleitung zum Unglücklichsein" von Paul Watzlawick kann ich nur sagen: Sich unter Druck setzen will gelernt sein – und perfektioniert. Deshalb findest du hier in diesem Blogartikel neun augenzwinkernde und hoffentlich augenöffende Tipps, wie du Meisterin im Unter-Druck-Sein werden kannst.

Dieser Artikel ist erstmals am 12. Mai 2018 erschienen, hier liest du die aktualisierte Fassung.

  • Die Situation, in der du dich befindest, übt Druck auf dich aus?

  • Du fühlst dich gestresst, genervt, erschöpft, ermüdet?

  • Vielleicht ist es der Job, vielleicht die Partnerschaft, vielleicht sogar deine Freizeit. Oder alles miteinander.

Was soll da das lebensfremde Gerede von Bestimmung oder Berufung!

Beherzige folgende Tipps und du wirst dich so richtig schön und immer stärker unter Druck fühlen:

Tipp Nr. 1: Du hast keine Wahl

Sage dir fortwährend, dass die Situation, in der du dich befindest, dir keine andere Wahl lässt. Mache das zu einem festen Glaubenssatz.

Tipp Nr. 2: Übertrete permanent deine Grenzen

Sei die Letzte an deiner Arbeitsstelle, während in den Nebenräumen die Lichter ausgehen und die Ciaos und Schönen Abends sich in den Weiten des Flurs verlieren. Du harrst aus. Du bist pflichtbewusst. Deine Kollegen, Deine Chefin, Gott, das Leben, das Universum... werden es dir hoch anrechnen.

Tipp Nr. 3: Lasse auch als Selbstständige die Zügel keinesfalls locker

Du arbeitest gar nicht angestellt? Du bist selbstständig tätig, du bist Unternehmerin?

Dann weiche keinesfalls von den druckförderlichen Gewohnheiten des Angestellten-Daseins ab. Sei, auch wenn du alleine arbeitest, noch spätabends am Arbeiten, so als wärest du die Letzte im Büro. Der Kunde ist schließlich König.

Und sage dir unbedingt in Wiederholungsschleife: Wo würde das bloß hinführen, wenn ich beginne, die Zügel lockerer zu halten? Die in dir aufsteigenden Schreckensszenarien werden dich garantiert wieder auf die rechte Bahn lenken.

Tipp Nr. 4: Richte dich strikt nach der Uhr und den Bedürfnissen anderer aus

Achte in keinem Fall auf deine körperlichen Rhythmen und deinen Zyklus. Teile dir deine Termine strikt nach der Uhr ein und richte dich zudem konsequent nach den Bedürfnissen der anderen aus.

Tipp Nr. 5: Atme flach

Atme kurz und schnappig in den Brustkorb, vermeide tiefe Atemzüge in den Bauch und das Becken. Am besten aber, du schenkst deinem Atem gar keine Beachtung, denn deine Aufmerksamkeit könnte ihn bereits entgegen diesem Tipp verändern.

Tipp Nr. 6: Hüte dich vor Pausen

Sei auf der Hut und gib nicht dem Impuls nach, während des Tages öfters mal Pausen einzulegen, und wären sie auch nur klitzeklein wie ein kurzes Dehnen und Strecken oder eine Tasse Tee. Wozu sollte das gut sein? Ist doch bloß Zeitverschwendung und du verwöhnst dich damit nur.

Tipp Nr. 7: Hätschele deinen Perfektionismus

Strebe danach, alles, was du tust, perfekt zu machen. Du bist noch nicht am Ziel? Bleib dran! Ohne Fleiß kein Preis.

Wenn du konsequent so weitermachst, winkt die Krone für Mrs. Perfect. Schließlich wurdest du nicht geboren, um langsam zu sein, Fehler zu machen oder dich mit unnötigen Fragen und Reflexionen aufzuhalten.

Tipp Nr. 8: Gönne dir etwas, kauf!

Zugegeben, irgendwann brauchst auch du ein klein wenig Entspannung. Gönne dir eine kurze Verschnaufpause und kaufe dir etwas.

Was, dein Kleiderschrank quillt bereits über und in der Küche stauen sich die nicht benutzen Geräte? Lass dich davon nicht abhalten. Du hast es dir verdient. Gönne dir etwas, deine Strapazen wollen belohnt sein.

Du darfst dir anerkennend auf die Schulter klopfen und dich zusätzlich noch rühmen, als fleißige Konsumentin eine gute Staatsbürgerin zu sein – schließlich muss der Motor Wirtschaft stets angekurbelt werden, sonst stottert er nur mehr dahin und kommt zum Erliegen. Daran möchtest du doch nicht etwas schuld sein?

Tipp Nr. 9: Unterdrücke die lästige innere Stimme

Und zuletzt noch ein eindringlicher Appell: Gib keinesfalls der Versuchung nach, dich zu fragen: Was soll das Ganze eigentlich? Warum tue ich, was ich tue? Was ist der Sinn davon? Unterdrücke diese lästige Stimme in dir, schieb sie weg, adé!.

Widerstehe der Sehnsucht, Gestalterin deines Lebens zu sein und etwas in der Welt beizutragen. Das musst du unbedingt vermeiden. Es könnte verheerende Nebenwirkungen haben und dich auf einen Pfad geleiten, der dich wegführt vom angepeilten Dauer-unter-Druck-Sein, hin zu Leichtigkeit, Freude und Gemeinschaft.

Gerne erhalte ich natürlich Erfahrungsberichte und Hinweise in den Kommentaren, was bei dir gut wirkt. 😉

Weiterführender Hinweis:

Paul Watzlawicks “Anleitung zum Unglücklichsein” aus dem Jahr 1983 ist köstlich und erhellend: große Leseempfehlung von mir.

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