Selbstvertrauen: 5 Schritte, die dich von "Was sagen die anderen?" zur inneren Stärke führen

Kein Selbstvertrauen? Es gibt Schritte und Übungen, um das Vertrauen in dich selbst zu stärken. Das braucht Übung und Geduld, denn die Angst vor Ablehnung ist meist stark. Aber es lohnt sich. Denn ein gesundes Selbstvertrauen trägt dazu bei, erfüllt zu arbeiten und deine Berufung zu leben.

Dieser Artikel ist erstmals am 22. November 2019 erschienen, hier liest du die aktualisierte Fassung.

Der Einfluss der Erwartungen anderer auf die Suche nach dem Eigenen

In meinem Leben war lange Zeit ein Muster sehr prägend: „Was sagen die anderen?“ Es war in meiner Herkunftsfamilie wichtig, wie man nach Außen gewirkt hat und was andere über einen gesprochen haben.

Ich merke zudem in meinen Coachings, wo es darum geht, den eigenen Weg zu gehen und die eigene Berufung zu leben: Auch wenn heute in Mitteleuropa „der Ruf“, den man hat - vor allem als Mädchen und Frau-, nicht mehr so eine große Rolle spielt und sich die soziale Kontrolle aufgeweicht hat, so fällt es vielen dennoch schwer, bei sich selbst zu sein und daraus zu handeln.

Die Erwartungen anderer beeinflussen nach wie vor stark die eigenen Entscheidungen. So erzählen mir Frauen häufig, dass sie in ihr Studium oder ihren Job "hineingerutscht" sind: es war das, was die Eltern richtig gefunden haben. Wirtschaft studieren, Rechtsanwältin werden oder Lehrerin – aussichtsreiche Berufe, doch was nützt das, wann es dir nicht entspricht, du dich gar durch dein Leben quälst?

Hier kommt das Selbstvertrauen ins Spiel: wenn du dich nach dem richtest, was andere für richtig halten und von dir erwarten, dann wird das Vertrauen in dich selbst leiden.

Was ist Selbstvertrauen?

Selbstvertrauen bedeutet das Vertrauen, dass jemand in sich selbst hat: in die eigenen Fähigkeiten, Ressourcen und Entscheidungen. Vertrauen in sich selbst ist das Gefühl, dass man Herausforderungen bewältigen und sein Leben aktiv gestalten kann. Es ist damit verwandt mit Selbstwirksamkeit und auch Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. So hängt ein hoher Selbstwert mit hohem Selbstvertrauen zusammen.

Vertrauen in sich selbst heißt in der Tiefe, sich als Person anzunehmen. Das ist ein grundlegendes Vertrauen, das mit dem Vertrauen in das Leben in Wechselwirkung steht.

Gesundes Selbstvertrauen ist etwas anderes als Selbstüberschätzung und Arroganz

Ich begegne in meinen Coachings immer wieder der Furcht, dass es ein zu viel an Selbstvertrauen gibt und man dadurch arrogant wird. Doch Selbstvertrauen ist nicht mit Selbstüberschätzung gleichzusetzen.

Das Vertrauen in sich selbst beinhaltet auch die Fähigkeit, sich Fehler einzugestehen und daran zu wachsen. Jemand, der sich selbst überschätzt, möchte nicht anerkennen, auch Fehler zu machen.

Um Selbstvertrauen von Selbstüberschätzung und Arroganz abzugrenzen, spreche ich gerne von gesundem Selbstvertrauen. Ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln ist ein Akt der Selbstfürsorge.


Warum ist ein gesundes Selbstvertrauen wichtig?

Forschung hat gezeigt, dass ein starkes Selbstvertrauen positive Auswirkungen auf verschiedene Bereiche unseres Lebens haben kann. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen mit einem höheren Selbstvertrauen tendenziell besser mit Herausforderungen umgehen, mutiger neue Wege einschlagen und insgesamt ein höheres Maß an Zufriedenheit und Wohlbefinden erleben.

Ich gehe noch weiter und behaupte, dass Selbstvertrauen ein entscheidender Aspekt ist, um erfüllt zu leben und die eigene Berufung zu gestalten. Sich ständig danach zu richten, was andere denken, ist hingegen ein Hindernis.

Die Macht der Kindheit: Die Angst vor Ablehnung

Ein Kind ist von seinen Bezugspersonen abhängig

Doch wie kommt dieses Schielen auf das, was die anderen denken? Es reicht meist in die Kindheit zurück.

Die Erwartungen anderer erfüllen zu wollen wird verständlich, wenn wir uns die Situation eines Kindes vergegenwärtigen. Als Kind sind wir von unseren Bezugspersonen abhängig. Unser Leben hängt buchstäblich davon ab, ob sie uns mit Nahrung und Zuwendung versorgen und uns vor Bedrohungen beschützen.

Aus der kindlichen Perspektive ist die Angst, abgelehnt zu werden, real. Für das Kind ist es überlebenswichtig, dass die wichtigsten Bezugspersonen es nicht im Stich lassen.

Wir schleppen die Angst vor Ablehnung wie einen Rucksack ins Erwachsenenalter mit

Die Ängste, nicht mehr geliebt zu werden, schleppen wir bis ins Erwachsenenalter mit uns herum. Wie einen schweren Rucksack. Wie zeigt sich das?

  • Angst, etwas zu sagen, was von der Meinung anderer abweicht

  • Angst, nach Außen zu treten, z.B. mit einer Webseite

  • Angst, Gefühle auszudrücken: nicht nur Trauer oder Wut, sondern auch aufrichtige Freude. Die Reaktion könnte ja sein "Hat die noch alle Tassen im Schrank?" oder Neid hervorrufen.

  • Angst, einen neuen Weg einzuschlagen, unsere Berufung zu gestalten: andere könnten das ablehnen

Den Rucksack ablegen: Selbstvertrauen stärken

Doch müssen wir uns damit abfinden, so einen Rucksack auf dem Rücken zu tragen? Nein. Ich möchte dir hier fünf Schritte vorstellen, um dein Selbstvertrauen zu kräftigen.

Ich schreibe “kräftigen”, weil du es wie einen Muskel betrachten kannst, dem du Krafttraining gönnst. Es gibt keine Wunderpille, die dich von mangelndem Selbstvertrauen zu einem Selbstvertrauens-Muskelprotz macht. Zumindest ist mir keine bekannt. Um das Vertrauen in dich selbst zu stärken, bedarf es der Übung.

Schritt 1: Das Bewusstsein für den Rucksack und die Ängste schärfen

Ein erster Schritt für mich selbst war, anzuerkennen, dass der Rucksack schwer ist. Akzeptieren, was ist. Dass da Anteile in mir sind, die Angst haben. Dass etwas in mir vor Veränderungen zurückschreckt. Das schafft Bewusstheit.

Schritt 2: Dir mit Selbstmitgefühl begegnen und eine nicht wertende Haltung entwickeln

Wenn du dein Verhalten mit dieser Bewusstheit erkundest, ist es nicht immer einfach zu akzeptieren, was du entdeckst. Daher ist es wichtig, dir mit Selbstmitgefühl zu begegnen. Dich nicht abzuwerten, indem du dir z.B. vorwirfst: "Warum ist es mir immer noch nicht egal, was andere von mir denken, ich bin einfach zu blöd."

Hilfreicher ist es, wenn du dich beobachtest, mit einer interessiert-neugierigen Einstellung. "Oh interessant, was ich da an mir entdecke, lass mich das näher untersuchen."

Schritt 3: Gefühle bewusst wahrnehmen und dich nicht mit einem Gefühl identifizieren

Ich selbst habe in diesem Prozess gemerkt, dass ich Gefühle entweder vermieden habe oder mich mit einem Gefühl vollkommen identifiziert habe.

Hier kommt die bewusste Wahrnehmung ins Spiel, mit der oben genannten Haltung der interessiert Forschenden. Ich selbst nahm wahr, dass ich meine Wut unterdrückte, weil in mir eine Bewertung ablief, dass ich nicht wütend sein darf.

Und ich war bei vielem ängstlich ("nein, das traue ich mir nicht zu", "wo führt das hin") und kippte dann total in die Angst hinein. Das fühlte sich dann so an, nur mehr diese Angst zu sein.

Weder Unterdrückung eines Gefühls, noch dich mit einem einzigen Gefühlt total zu identifizieren, führt dich weiter. Beide Strategien machen unfrei. Gefühle zulassen bringt dich in deine Lebendigkeit.

Schritt 4: Die Haltung der Selbst-in-Präsenz kultivieren

Doch was ist der Schritt in die innere Freiheit? Der Schritt in die Freiheit lag für mich darin, zu erleben: ich bin nicht nur diese Angst, ich bin mehr als das, und ich kann in einer Haltung des Selbst-in-Präsenz (engl. Self-in-Presence) diese Angst sehen, mit dieser Angst sein. Oder der Wut. Oder mit beidem.

Dieser Schritt ist auch ein ganz entscheidener, wenn ich Frauen im Coaching begleite. Plötzlich wird körperlich spürbar, was das für ein Unterschied ist. Nicht mehr verstrickt sein in der Angst. Es wird möglich, innerlich beiseite zu treten.

Für mich fühlt es sich so an, wie von außen und oben auf alles schauen zu können: "Ah, da ist der Teil in mir, der Angst hat, ah, da ist etwas, das wütend ist". Es schafft einen Abstand, ohne gleichgültig oder kühl zu sein. Ich bin voll dabei, wach, präsent, und gerade deshalb nicht damit verheddert.

Schritt 5: Mit dem Felt Sense in Kontakt treten

Wenn Schritt vier gelingt, dann zeigt sich das Erleben als Felt Sense: die gespürte Bedeutung von etwas. Im Felt Sense fließt alles zusammen: nicht nur Gefühle, auch körperliche Empfindungen, innere Bilder, Gedanken, Erinnerungen.

Siehe dazu mein Blogartikel: "Was ist ein Felt Sense eigentlich"

Wenn du übst, mit dem Felt Sense in Kontakt zu sein, dann stärkt das das Vertrauen in dich selbst, in deine eigene Wahrnehmung: dein Inneres zeigt dir, was du über eine bestimmte Situation, ein Thema lernen kannst. Wo du gerade stehst und wo es lang geht.

Ich selbst trete regelmäßig mit meinem Felt Sense in Beziehung. So auch, wenn ich merke, dass ich mich mit anderen vergleiche. Meist merke ich da: Etwas triggert mich. "Warum schafft es XY, so schnell eine neue Website zu erstellen? Warum kann ich das nicht auch, warum bin ich so langsam?

Ich frage mich dann: Was steckt da dahinter?

Dann spüre ich in mein inneres Erleben hinein. Alleine durch dieses aufmerksam-neugierige Hinspüren und Dabeisein löst sich meist etwas spürbar.

Die bewusste Entscheidung für ein erfülltes Leben: Verantwortung übernehmen

Beim Selbstvertrauen gibt es noch eine Perspektive, die den Bogen weiter spannt als das bisher Ausgeführte.

Du bist einzigartig

Ich habe ausprobiert, wie es sich mit der Überzeugung lebt „Du bist hier als einzigartiges Wesen mit einer einzigartigen Aufgabe“.

„Einzigartig“ nicht im Sinne von: du bist herausragend, besser als andere; sondern jeder Mensch ist wie ein Kristall und kein Kristall gleicht dem anderen.

Du bist wie jeder Mensch Ausdruck der wunderbaren Vielfalt des Lebens. Und du hast die Chance, in diesem Leben diese deine Einzigartigkeit in eine Form fließen zu lassen. Wenn du es nicht tust, wird es kein anderer tun.

Der Mut, zu antworten - oder die Fähigkeit zur Verantwortung (respons-ability)

Die Überzeugung anzunehmen, einzigartig zu sein, verlangt einem Mut ab. Denn ich kann mich nicht länger in die Opferposition begeben und sagen: Andere oder die Umstände sind schuld, dass ich kein erfülltes Leben führen kann.

Ich selbst bin dann verantwortlich im Sinne von: Ich antworte auf eine Situation oder in einer Situation. Ich akzeptiere sie und dann handle ich. Das ist der Schritt ins Erwachsen-Sein. Und dieser Schritt fällt so schwer, weil er in unserer Kultur nicht wirklich unterstützt wird.

Das heißt nicht, dass alles in deiner Hand liegt. Du kannst nicht alles planen und steuern. Doch du kannst darauf antworten. Wenn du einen Unfall hast, verletzt bist, dann könntest du dich lange darüber aufregen, dass dir das passiert ist, warum gerade dir etc.

Am Anfang braucht es das vielleicht: einmal alle Gefühle zulassen, die da sind. Dich auskotzen. Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo stetes Jammern darüber oder in Widerstand gehen, dich bloß hindern, an der Situation zu wachsen.

Fazit

  • Für mich selbst hat sich grundlegend etwas verändert in meinem Leben, als ich Vertrauen in mich selbst fasste – in meine Sicht, in meine Gefühle und Empfindungen.

  • Das setzte voraus, dass ich mir zugestand, das Recht zu haben auf meine Sicht, meine Gefühle und Empfindungen. Nicht mehr länger die Erwartungen anderer erfüllen zu müssen.

  • Und das erlebe ich auch laufend in den Prozessen, in denen ich Frauen im Coaching begleite.

  • Mangelndes Selbstvertrauen? Du kannst den Selbstvertrauen-Muskel trainieren. Mit den 5 Schritten gebe ich dir Anregungen dazu.

  • Denn Selbstvertrauen ist entscheidend dafür, erfüllt zu leben und zu arbeiten. Und ein Leben zu führen, das selbstbestimmt ist und in dem du selbstwirksam bist. Nicht länger abhängig von den Erwartungen anderer.

Wie geht es dir mit dem Vertrauen in dich selbst? Versuchst du, die Erwartungen anderer zu erfüllen? Oder bist du bereits auf dem Weg, dein Selbstvertrauen zu stärken?

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